Progressive supranukleäre Blickparese – Wenn Parkinson anders ist
Stürze, Sehstörungen, Sprachprobleme – aber kaum Besserung durch Medikamente? Wenn Parkinson-Symptome untypisch verlaufen, kann eine andere Erkrankung dahinterstecken: die progressive supranukleäre Blickparese (PSP). Sie gehört zu den atypischen Parkinson-Syndromen – und stellt Betroffene wie Angehörige vor besondere Herausforderungen.
Was ist die PSP?
Die progressive supranukleäre Blickparese ist eine seltene, aber besonders belastende neurodegenerative Erkrankung. Sie zählt zu den sogenannten Tauopathien, also Krankheiten, bei denen sich fehlgefaltete Tau-Proteine im Gehirn ablagern. Charakteristisch sind:
Ein symmetrisches, axial betontes Parkinson-Syndrom, das kaum auf L-Dopa anspricht
Frühe posturale Instabilität mit häufigen Stürzen
Eine vertikale Blicklähmung, insbesondere nach unten
Kognitive Einschränkungen, Sprachprobleme und Antriebsmangel
Früherkennung ist schwer – und doch so wichtig
Viele Patient:innen werden zunächst fälschlich mit „klassischem“ Parkinson diagnostiziert. Erst im Verlauf zeigen sich Hinweise auf eine PSP, etwa wenn:
das Sehen nach unten plötzlich schwerfällt
trotz hoher Medikamenten-Dosen kaum Besserung eintritt
frühzeitige Stürze auftreten
Sprachverlangsamung und Schluckstörungen zunehmen
Der Verlauf: progredient – aber unterschiedlich
Im Durchschnitt leben Betroffene nach Diagnosestellung noch 6–9 Jahre, bei einigen Unterformen (wie die PSP-P) kann die Lebenserwartung aber deutlich länger sein. Entscheidend für den Verlauf ist die genaue Ausprägung der Erkrankung – sogenannte PSP-Prädominanz-Typen. Diese reichen vom klassischen Richardson-Syndrom bis hin zu seltenen Varianten mit Sprach- oder Gangstörungen im Vordergrund.
Therapie – was hilft wirklich?
Eine ursächliche Behandlung gibt es bislang nicht. Im Vordergrund steht daher die symptomatische Therapie, z. B.:
Medikamente wie L-Dopa, Amantadin oder Rotigotin (je nach Wirkung)
Botulinumtoxin bei Dystonien oder Lidöffnungsproblemen
Intensive Physio-, Ergo- und Sprachtherapie
Hilfsmittelversorgung, frühzeitige palliative Begleitung, ggf. Erwägung einer PEG-Ernährungssonde bei Schluckstörungen
Wichtig ist: Angehörige sollten eng eingebunden werden – und sich selbst Unterstützung suchen.
Fazit: Wachsamkeit schützt
Die PSP ist selten – aber relevant. Denn sie erfordert ein anderes therapeutisches Vorgehen als der idiopathische Morbus Parkinson. Wer Symptome früh erkennt und gezielt handelt, kann die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
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Literatur:
Jacksch C, Paschen S, Berg D. Fokus atypische Parkinsonsyndrome: Teil 2 – Progressive supranukleäre Blickparese. DGNeurologie. 2023. DOI: 10.1007/s42451-023-00590-8